Im Juli wurde der Abschlussbericht der Initiative Luftraum und Flugsicherheit veröffentlicht. Es wurden wesentliche Ergebnisse zu Gunsten des Luftsports zur Vermeidung allgemeinen Transponderpflicht ab 5000ft AMSL bzw. 3500ft GND und der Einrichtung neuer Lufträume erreicht. Die Arbeit und die Ergebnisse der Initiative haben wir hier zusammengefasst.
Der Abschlussbericht der Initiative Luftraum und Flugsicherheit des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wurde kürzlich veröffentlicht. In diesem Bericht präsentiert die Initiative ihre Arbeitsergebnisse zu den BFU-Empfehlungen 02/2017 und 03/2017. Die Umsetzung dieser Empfehlungen, basierend auf der Studie über „Annäherung und Kollision von Luftfahrzeugen im deutschen Luftraum“, hätte gravierende Konsequenzen für den Luftsport, vor allem aber dem Segelflug und den Aufwindsportarten gehabt. Der Luftraum E in Deutschland wäre stark verkleinert worden und die Nutzbarkeit stark eingeschränkt gewesen. So hatte sich die BFU in der Empfehlung 02/2017 für die Transponderpflicht für Segelflugzeuge ab 5000ft AMSL bzw. 3500ft GND ausgesprochen. In der Empfehlung 03/2017 wurde die Einrichtung neuer Lufträume der Klasse C oder D für die bessere Kontrolle von IFR-Verkehr mit einer Abflugmasse von mehr als 5,7t bzw. mehr als 19 Sitzplätzen gefordert.
Diese Problematik haben auch der Deutsche Segelflugverband e.V. (DSV) und der Deutsche Hängegleiterverband e.V. (DHV) erkannt und mit großem Engagement aktiv der der Initiative Luftraum und Flugsicherheit des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mitgewirkt. Außerdem haben sich die Mitglieder der Expertengruppe aus einer Vielzahl weiterer Organisationen zusammengesetzt: So waren neben DSV und DHV Vertreter der Deutschen Flugsicherung, Bundeswehr, der Vereinigung Cockpit, und der AOPA beteiligt. Darüber hinaus waren weitere Luftfahrtverbände wie der Deutsche Hubschrauber Verband, der Deutsche Ultraleichtflugverband und der Deutsche Aero Club in die Arbeit eingebunden. Insgesamt haben 26 Personen aus 15 Luftraumnutzern und Organisationen die Umsetzung der BFU-Empfehlungen sachlich und zielorientiert diskutiert und durch eine Simulation mit realen Flugdaten und der Erörterung verschiedener Luftraumszenarien die negativen Konsequenzen der BFU-Empfehlungen abgewendet.
In der Simulation – durchgeführt von der DFS und ihrer Partnerfirma ESG/München – wurden die konkreten Vorgaben der BFU-Empfehlungen mit realen Flugdaten aller Luftverkehrsteilnehmerinnen- und Teilnehmern in allen Luftraumklassen überprüft und beurteilt. Durch den Einsatz von DSV und DHV war es erstmals möglich, in diese Simulation reale Flugdaten von Luftfahrzeugen ohne Transponder aus frei nutzbaren Lufträumen der Klasse E und G einzubringen. Diese FLARM-Daten vom FLARM-Server entstammen dem Open Glider Network (OGN) und dem Sportportal der Hängegleiter und Drachenflieger DHV-XC. Mit der Annahme, dass alle Luftfahrzeuge und Luftsportgeräte mit Transpondern SSR/Mode S ausgestattet sind, wurden Anwendbarkeit, der mögliche Sicherheitsgewinn sowie die negativen Konsequenzen analysiert. Dieser Analyse lagen drei Kriterien zu Grunde:
- Funkfeldbelastung und Entdeckungswahrscheinlichkeit
- Verarbeitungs- und Darstellungseffekte am Lotsenarbeitsplatz
- Auswirkungen auf TCAS-Alarmierung
Bei dieser Simulation wurden folgende Ergebnisse erzielt:
- Funkfeldbelastung und Entdeckungswahrscheinlichkeit: Bei einer verpflichtenden und freiwilligen Aufrüstung aller Luftfahrzeuge mit Transpondern sowie dem Anstieg des IFR-Verkehrs ist eine Überlastung der Kanalkapazitäten zu erwarten. Daraus resultiert kein Sicherheitsgewinn, sondern das Auftauchen eines neuen Problemfelds. Die Überwachungsmöglichkeiten des Luftverkehrs wären aufgrund der großen Datenmengen stark eingeschränkt.
- Verarbeitungs- und Darstellungseffekte am Lotsenarbeitsplatz: Hier kommt es ebenfalls zu einer Verringerung der Sicherheit. Dies ist auf die erhöhte kognitive Last der Lotsen rückführbar, die auf die stark vergrößerte optische Konzentration aller Signale am Lotsenarbeitsplatz rückführbar ist. Daraus resultieren die Verringerung der Kapazität der Lotsenarbeitsplätze und damit einhergehend das Situationsbewusstsein.
- TCAS-Alarmierungen: Wegen der stark erhöhten Anzahl von Transpondern kommt es zu einer Verringerung der Erkennungswahrscheinlichkeit und den Möglichkeiten der zuverlässigen Ortung. Es entstünde – ganz im Gegensatz zum erwünschten Effekt – eine Reduktion der Ortungsfähigkeiten der Flugsicherung und des Safety Net-Systems ACAS auf Werte unterhalb der Mindestanforderungen. Das geht mit einer nicht vertretbaren Reduktion des Sicherheitsniveaus einher.
Eine weitere Arbeitsgruppe hat sich mit der Luftraumempfehlung der BFU befasst. Diese Empfehlung führt zu unterschiedlichen Luftraumgestaltungen, die eine Verkleinerungen des Luftraums E zu Gunsten Lufträumen der Klasse C, D (oder TMZ) zur Folge hätten.
Die Umsetzung dieser Möglichkeiten hätte empfindliche Auswirkungen auf die Luftraumstruktur in der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Sofern IFR-Flugverfahren unverändert bleiben, würden sich bei praktisch allen bislang eingerichteten Lufträumen erhebliche laterale wie vertikale Erweiterungen ergeben. Zu den bereits aufgezeigten Problemen der stärkeren Transponderaktivität kämen folgende Probleme hinzu:
Verdrängungs- und Kanalisierungseffekte der VFR-Luftfahrt: Der verbleibende transponderfreie Luftraum E hätte auf niedrigen Höhen lateral begrenzte „Schlauchstrukturen“ gefördert. Die große Flugdichte von VFR-Verkehr aller Art hätte auf kleinem Raum das Kollisionsrisiko stark gesteigert.
Entstehung einer hochkomplexen Luftraumstruktur: Aufgrund örtlich festgelegter IFR-An- und Abflugverfahren und den praktizierten Verkehrsführungen auf der einen Seite sowie der Berücksichtigung einzelner VFR-Fluggebiete auf der anderen Seite wäre asymmetrische und verschachtelte Lufträume festgelegt worden. Diese hohe Komplexität hätte neue Probleme mit der Darstellung auf der ICAO-Karte 1:500000 und eine zunehmende Anzahl von Luftraumverstößen bewirkt.
Auf Grundlage der Arbeitsergebnisse der Expertengruppe wurden Ansätze und Vorschläge erarbeitet, die eine Abwendung der Umsetzung der BFU-Empfehlungen bewirkt haben. Die Ausrüstung aller Segelflugzeuge mit Transponder hätte Investitionen in Höhe von ca. 25 Mio. EUR bedeutet. Dies würde insbesondere Vereinsflugzeuge treffen. Des Weiteren wurde die Einrichtung großflächiger freigabepflichtiger Lufträume der Klasse D verhindert, in dem andere und flexiblere Luftraumelemente (wie z.B. TMZ mit Hörbereitschaft und/oder TMZ (HX) mit HB) als besser geeignet dargestellt wurden.
Der DSV setzt zusätzlich zu den bisherigen Möglichkeiten und Verfahren als unseren Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit im Mischverkehr auf folgende Themen und Punkte:
- Eine freiwillige Selbstverpflichtung in einem absehbaren Zeitraum alle Segelflugzeuge zusätzlich zur vorhandenen FLARM Ausrüstung mit einem ADS-B-In-Gerät (Empfänger) auszustatten. Diese Geräte verarbeiten ADS-B-Out Signale auf der Grundlage von Transpondersignalen mit verknüpften GPS Daten. Damit erhalten die Segelflugzeuge zu den bisherigen Informationen über andere Segelflugzeuge mit FLARM zusätzliche Informationen zu Flugzeuge im kommerziellen IFR- oder auch allgemeinen IFR- und VFR- Verkehr. Das Ziel dieser Selbstverpflichtung ist es, Verkehr ohne FLARM zusätzlich im Segelflugzeug auf den bestehenden Displays sehen zu können. Hierbei handelt es sich um eine Nachrüstung, da die neuen PowerFLARM Geräte diese Funktionen bereits beinhalten. Solche ADS-B-In Zusatzgeräte werden bereits von Herstellern hergestellt und angeboten. Der DSV wird eine Sammelbestell-Aktion initiieren. Weiterhin empfehlen wir die Verwendung von speziellenTraffic-Information und Anti-Kollisionsgeräten, wir sie z.B. von den Herstellern AIR Avionics (Air Traffic Display ATD) und LX Nav (Traffic View) angeboten werden.
- Darüber hinaus hat der DSV mit rechtlicher Beratung eine Grundlage erarbeitet, auf der die bisherige „dringende Empfehlung“ zu einer „zwingenden Hörbereitschaft“ in einer TMZ umgewandelt werden kann. Hierbei greifen wir auch auf Vorschläge aus dem Kreis der kommerziellen IFR-Vertreter zurück, mit denen wir dies gemeinsam diskutiert haben. Das heißt, dass diese Lufträume nach Einführung nur noch mit dem regionalen Transponder-Squawk und der speziellen zwingend zu nutzenden Monitoring Frequenz für diese TMZ genutzt werden können.
- Die Einrichtung von regional zugewiesenen Air-To-Air-Frequenzen angelehnt an die GAFOR-Regionen, erlaubt es Luftsportlern während des Fluges gezielt miteinander zu kommunizieren. Die Aufwindflieger sind in der Regel nicht auf der FIS- Frequenz und erhalten hier eine Plattform neben dem „Sehen-und gesehen-werden“ diese nunmehr auch um die Funktion „Hören-und-sprechen-können“ zu ergänzen. Die regional zugewiesenen Frequenzen „Luftsport“ können auch von anderen Luftraumnutzern verwendet werden und ersetzen nicht die FIS-Dienste der DFS. Die Regionen und diese Frequenzen sollen in den jährlichen Anpassungen der Datengrundlage zum Streckenfliegen integriert werden. Der DSV führt mit den Herstellern dieser Datengrundlagen dazu bereits Gespräche. Auch mit diesem Baustein wird eine weitere Verbesserung der Flugsicherheit erwartet. Der DSV dankt dem BAF für die Unterstützung bei diesem Konzept.
Damit reflektieren wir die Vorschläge der BFU als Anregungen und Ausgangspunkte, um in einem vernünftigen Miteinander auch weiterhin den Luftraum E als den wichtigsten Luftraum für den Segelflug und die anderen Aufwindsportarten weitestgehend zu erhalten. Diese konkreten DSV-Vorschläge sowie die weiteren Ergebnisse aus dem Schlussbericht der „Initiative Luftraum und Flugsicherheit“ zeigen die wichtige Arbeit, die der DSV in der Initiative geleistet hat. Die zentrale Bündelung der Facharbeit für unsere Kernthemen im Segelflug in Deutschland ist neben den regionalen Aufgaben der Landesverbände für die Zukunft unserer Sportart dringend erforderlich. Ein Grund mehr, Mitglied im DSV zu werden und diese wichtige Arbeit zu unterstützen!